Atlas Curiosa: Brunnenlandschaft Kranoldplatz (Neukölln)

Atlas Curiosa
Neukölln
Autor:in

Jörg Kantel

Veröffentlichungsdatum

18. Juni 2023

An der östlichen Stirnseite des Neuköllner Kranoldplatzes, auf dem Sonnabends immer der Regionalmarkt »Die Dicke Linda« und im Sommer jeden zweiten Sonntag der »NK Flohmarkt« stattfindet, steht ein geheimnisumwittertes Skulpturenensemble, über das scheinbar niemand genau Bescheid weiß (außer vielleicht das Riesenarchiv des Neuköllner Heimatmuseums). Wie von einem Riesen ausgestreut, liegt ein Mix abstrakter Bildhauerarbeiten auf dem Pflaster.

Nur der Tagesspiegel und die Friedenauer Gedenkseiten des am Projekt beteiligten Bildhauers Gerson Fehrenbach wissen mehr: Die Anlage entstand von 1983 bis 1986 im Rahmen eines Bildhauersymposiums, an dem sich neben Gerson Fehrenbach die Bildhauer Mehmet Aksoy, Justus Chrukin, Peter Fromlowitz, Makoto Fujiwara, Peter Herbrich und Maciej Szankowski beteiligten. Vorgegeben war als gemeinsames Material hellgraugeäderter Bardiglio-Marmor. Die Einzelskulpturen der Bildhauer sollten sich bei aller Individualität zu einem Ganzen zusammenfügen. Sie war als Brunnen geplant, wovon das Loch im abgetreppten Mittelstein heute noch zeugt. Doch hat das durchbrochene Rondell nie Wasser geführt.

Denn die damals 400.000 Mark teuren Arbeiten auf dem seinerzeit noch sehr aktiven Wochenmarkt ernteten bei der Politik nicht immer nur Zustimmung, sondern einige Politiker zeigten sich auch »persönlich erschüttert« und die Berliner Morgenpost schlagzeilte »Bürger und Künstler fühlen sich verschaukelt«.

Angeblich wollten Anwohner und Marktbesucher keine Steine, sondern Blumen und Büsche. Und die Künstler ärgerten sich über die »massive Ablehnung« und das »beziehungslose Herumstehen« ihrer Steine. An dem sinnlosen Herumstehen des wasserlosen Brunnens hat sich auch nach fast 40 Jahren bis heute nichts geändert. Immerhin wurden vor ein paar Monaten die Steine von Bemoosung und Farbschmierereien befreit und glänzen nun zwar immer noch wasserlos, aber in vollem marmorweiß. Bis dem Bezirk wieder das Geld für die Pflege ausgeht. (Photos (cc 2023): Jörg Kantel)