Atlas Curiosa: Die »Sechserbrücke« am Tegeler Hafen

Atlas Curiosa
Architektur
Denkmalschutz
Photographie
Tegel
Autor:in

Jörg Kantel

Veröffentlichungsdatum

10. November 2025

Die Tegeler Hafenbrücke, im Volksmund auch »Sechserbrücke« genannt, überspannt als Fußgängerbrücke die Einfahrt des Tegeler Hafens und die Mündung des Tegeler Fließes. Die 91 Meter lange Fachwerkbogenbrücke aus Stahl einschließlich eines Betonteils über das Tegeler Fließ wurde 1908 erbaut. Der Architekt war der Stadtbaumeister Ernst Hornig. Heute steht sie unter Denkmalschutz und ist häufig Kulisse für Dreharbeiten.

Ursprünglich setzte hier Ende des 19. Jahrhunderts der als geschäftstüchtig geschilderte Fischer Paul Siebert (oder Siewert) mit einem Boot die Fahrgäste zu den damals vielbesuchten Ausflugslokalen nördlich der heutigen Greenwichpromenade über. Nachdem er mit seinem Kahn die wachsende Zahl der Passagiere nicht mehr bewältigen konnte, baute er eine kleine Holzbrücke über das Fließ und verlangte von jedem, der sie überqueren wollte. fünf Pfennige (einen »Sechser«). Die hölzerne Brücke wurde 1905 abgerissen und durch den heutigen, stählernen Übergang ersetzt.

Siebert verlor seine erkleckliche Nebeneinnahmen, denn die weiterhin erhobenen Sechser flossen nun in die Tegeler Gemeindekasse, wie es heißt bis zu 7.000 Mark im Jahr (kaufkraftbereinigt in heutiger Währung: rund 4.000 Euro). Die Inflation in Deutschland setzte dem Brückenzoll im Jahr 1922 allerdings ein Ende, da die Personalkosten die Einnahmen überstiegen. Die Brücke behielt aber auch ohne den Brückenzoll im Volksmund weiter ihren Namen »Sechserbrücke«.

Die neue Brücke musste eine wesentlich größere lichte Höhe aufweisen, damit die Lastkähne die Hafeneinfahrt passieren konnten. Dadurch stellt die Tegeler Hafenbrücke einen für Fußgängerbrücken imposanten Bau dar. Sie besteht aus zwei Teilen: Die eigentliche stählerne Fachwerkbrücke (heute rot angestrichen) überspannt nur die Hafeneinfahrt bis zum Fundament samt zwei pavillonartigen Aufbauten auf der Westspitze der heutigen Humboldtinsel.

Ein weiterer Brückenteil aus Beton (in grauer Farbe) überspannt die Mündung des Tegeler Fließes bis zum Brückenkopf samt Aufgang (im Bild links). Die beiden pavillonartigen Aufbauten auf der Nordseite sind mit einer begehbaren, schmalen umlaufenden Galerie versehen. Über eine für die Öffentlichkeit nicht zugängliche Treppe im östlichen »Pavillon« kann die Humboldtinsel erreicht werden.

Vom »grauen« Brückenteil an der Nordseite haben die Besucherinnen und Besucher einen guten Einblick auf das hier unscheinbare Tegeler Fließ, das parallel zum Hafen, abgetrennt von der langgestreckten Humboldtinsel, verläuft.

Literatur


Photos (cc) 2025: Jörg Kantel