Züge in das Leben – Züge in den Tod: Das Kinderdenkmal in der Georgenstraße
In der Georgenstraße 14 in Berlin-Mitte, auf dem Vorplatz des Bahnhofs Friedrichstraße, steht eine in Bronze gegossene Skulptur mit nahezu lebensgroßen Kindern. Zwei der Kinder, im satten Rotbraunton gehalten, symbolisieren die mehr als 10.000 geretteten Mädchen und Jungen der »Kindertransporte«, die vom Bahnhof Friedrichstraße und zwei weiteren Berliner Bahnhöfen in der Zeit von November 1938 bis Ende August 1939 mit dem Zug nach London gebracht und dadurch vor einem späteren Abtransport in ein Konzentrationslager bewahrt wurden. Diese Rettungsaktionen waren möglich, weil in den ersten Jahren nach Hitlers Machtergreifung der jüdische Teil der deutschen Bevölkerung zwar schon diskriminiert und aus der Rechtsgemeinschaft ausgestoßen wurde (1935 wurden die ersten der sogenannten Nürnberger Gesetze verabschiedet), seine systematische Verfolgung und Ermordung jedoch erst mit dem Beginn des 2. Weltkrieges in Gang gesetzt wurde.
Die Anordnung der Gruppenmitglieder spiegelt das gegensätzliche Schicksal der Kinder zur Zeit des Nationalsozialismus wider. Denn kurze Zeit später wurden von denselben Bahnhöfen aus jüdische Kinder mit ihren Eltern, Geschwistern und Verwandten in Konzentrationslager verschickt, wo sie fast alle ermordet wurden. Auch dieser Kinder wird in der Georgenstraße gedacht. Sie werden durch fünf, in grauer Brone gegossenen Kinder symbolisiert. Gerettete und Nicht-Gerettete treten uns so in verschiedenen Farben und entgegengesetzter Richtung entgegen. Stapel von Koffern und Gepäckstücken zwischen den Überlebenden und den in die Vernichtung Verschleppten unterstreichen den Versuch einer realistischen Darstellung der der Plastik zugrunde liegenden historischen Ereignisse.
Das Denkmal gestaltete der israelische Künstler Frank Meisler (1925–2018), der selbst mit einem Kindertransport aus Danzig floh. Es wurde zum 70. Jahrestag des ersten Kindertransports am 30.11.2008 eingeweiht. Meisler errichtete ähnliche Denkmäler an den Stationen der Kindertransporte: In seiner Heimatstadt Danzig, im Seehafen Hoek van Holland und am Londoner Bahnhof Liverpool Street.
Es gab im Vorfeld Streitigkeiten um die »püppchenhafte Skulptur«, den Aufstellungsort und andere Interventionen gedenkpolitscher Akteure, die durch die rechtzeitig zum historischen Datum erfolgte Aufstellung des Denkmals beendet wurden.
Verwendete Literatur
- Bildhauerei in Berlin: Denkmal zur Erinnerung an die Kindertransporte und die Deportation von Kindern 1938-1945. Züge in das Leben - Züge in den Tod 1938-1945, abgerufen am 29. Dezember 2025
- clk: Denkmal erinnert an Kindertransporte, Tagesspiegel vom 29. November 2008
- Lothar Eberhardt: Abschied für immer: Neues Denkmal zur Erinnerung an Kindertransporte, haGalil.com vom 1. Dezember 2008
- Gedenktafeln in Berlin: Kindertransporte - Züge in das Leben - Züge in den Tod, abgerufen am 29. Dezember 2025
- Memorial Museums: Züge ins Leben - Züge in den Tod, abgerufen am 29. Dezember 2025
- Florian Russi: Das Kinderdenkmal in der Georgenstraße, Berlin-Lese, abgerufen am 29. Dezember 2025
- Christian Schmitt: Die Wahrheit der Anderen. Zeitzeugen und Historiker kritisieren das Denkmal für Kindertransporte, Jüdische Allgemeine vom 27. November 2008
- visit Berlin: Züge in das Leben – Züge in den Tod. Denkmal zur Erinnerung an Kindertransporte während der NS-Zeit, abgerufen am 29. Dezember 2025
Photos (cc) 2025: Jörg Kantel

